A-Z der Tiergesundheit:
von Julia Dinkelacker
Unter Kastration versteht man die operative Entfernung der Keimdrüsen, beim Rüden die Hoden, bei der Hündin die Eierstöcke. Durch diesen Eingriff wird die Produktion von Geschlechtshormonen verhindert und damit das Sexualverhalten komplett unterbunden. Viele Hundehalter meinen noch, bei einer Hündin hieße dieser Vorgang Sterilisation, doch dies ist falsch - auch die Hündin ist (wie der Rüde) kastriert nachdem ihr die Eierstöcke entfernt wurden. Die Läufigkeiten der Hündin mit all ihren Unannehmlichkeiten wie Attraktivität für Rüden und blutiger Scheidenausfluss fallen damit weg.
Aus Sicht der Hundebesitzer bestehen die Hauptgründe für die Kastration in der Verhinderung unerwünschter Trächtigkeiten und in der Erleichterung der Haltung. In manchen Fällen ist die Kastration jedoch auch aus rein medizinischen Gründen angezeigt. Beispielsweise wenn Veränderungen an Gebärmutter und Eierstöcken oder Tumoren in der Scheide festgestellt werden.
Hündinnen sollten früh kastriert werden, d.h. idealerweise im Alter von 5 bis 7 Monaten, also vor erreichen der Geschlechtsreife. Bei älteren Hündinnen wird der Kastartionszeitpunkt zwischen zwei Läufigkeiten gewählt.
Kleine Hunderassen sind bereits im Alter von sechs Monaten ausgewachsen und werden meist mit einem halben Jahr läufig. Großrassige Hündinnen dagegen erreichen ihr definitives Körpergewicht erst nach Vollendung des ersten Lebensjahrs und kommen entsprechend später in die Pubertät. Hündinnen, die vor der ersten Läufigkeit kastriert wurden, haben einen ausgeprägteren Spieltrieb und sind häufig unkomplizierter im Umgang mit Artgenossen.
Ein aber weitaus wichtigerer Punkt in Bezug auf den Kastrationszeitpunkt ist das Auftreten von Tumoren der Gesäugeleiste (Mammatumoren). Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass durch die Kastration vor der ersten Läufigkeit das Risiko für die Entstehung von Tumoren, ausgehend von den Milchdrüsen, auf nahezu 0 Prozent gesenkt werden kann. Bei der Kastration vor der zweiten Läufigkeit ist das Riskio ebenfalls sehr gering (Angaben schwanken zwischen 0,5 und 8 Prozent). Werden Hündinnen erst nach der zweiten Läufigkeit oder noch später kastriert, besteht kein positiver Einfluss mehr auf die Vermeidung von Gesäugetumoren.
Weitere Vorteile der Kastration: Erkrankungen von Eierstöcken und Gebärmutter, vor allem die häufig vorkommende Gebärmuttervereiterung, können komplett verhindert werden. Weiterhin wird die häufig nach der Läufigkeit auftretende Scheinträchtigkeit der Hündin vermieden. Dabei wird das Gesäuge angebildet und einige Tiere reagieren mit psychischen Störungen. Dieses für Hund und Besitzer gleichermaßen unangenehme Verhalten, verschwindet mit der Kastration vollständig.
Jedoch müssen auch die Nachteile der Kastration erwähnt werden:
Die eventuell auftretende Harninkontinenz ist eine der wichtigsten und unangenehmsten Folgeerscheinungen der Kastration bei der Hündin. Man versteht darunter den ungewollten, unkontrollierbaren Abgang von Urin, vor allem wenn die Hündin schläft. Weil bei der Kastration die Eierstöcke entfernt werden, fehlen also die Geschlechtshormone, welche u. a. für den Verschluss der Harnröhre nötig sind. Der Verschlussmechanismus der Harnröhre ist nach der Kastration geschwächt, was schließlich zu Inkontinenz führen kann. Hündinnen mit einem Körpergewicht von mehr als 20 Kilogramm sind am häufigsten betroffen (Boxer, Rottweiler, Dobermänner, Pinscher, Riesenschnauzer); bei etwa 20 Prozent der kastrierten Tiere dieser Rassen tritt im Laufe der Zeit die Harninkontinez auf, leichtere Tiere betrifft es nur sehr selten.
Diese Hündinnen sprechen allerdings in der Regel gut auf Medikamente an, womit die Inkontinenz gut in den Griff zu bekommen ist.
Weiterhin können langhaarige Hündinnen mit rotem Fell (Langhaardackel, Setter, Cocker) eventuell ein stumpfes "Babyfell" entwickeln, was jedoch durch die Gabe von Hormontabletten verbessert werden kann.
Manche Hündinnen haben nach der Kastration, durch den Wegfall der Geschlechtshormone, einen größeren Appetit. Wenn sie uneingeschränkt weitergefüttert werden, kommt es zu Fettleibigkeit und in der Folge zu einer reduzierten Bewegungsfreudigkeit und eventuellen Folgeerkrankungen. Abhilfe verschafft eine konsequent restriktive Fütterung und ausreichend Bewegung. Rüden sind allerdings von der Fettleibigkeit nach der Kastration weitaus häufiger betroffen als Hündinnen, da ihr Habitus (Territorialverhalten, Streunen, Markieren usw.) durch den Wegfall der Hormone stärker verändert wird.
Die Paarungsbereitschaft der Katze nennt man dagegen „Rolligkeit“. Während dieser Zeit weist die Katze eine erhöhte Körperinnentemperatur auf, sie presst sich flach an den Boden, streckt ihr Hinterteil in die Höhe, mit einem seitlich gestellten Schwanz. Zwischendurch stößt sie Klagelaute aus, wälzt/rollt sich auf dem Boden und frisst kaum oder nichts. Jede Rolligkeit bedeutet für die Katze Stress, was auch in dieser Zeit Auswirkungen auf das Immunsystem haben kann (Schwäche der Abwehrkräfte). Da rollige Katzen kaum Futter aufnehmen oder bei sich behalten, ist in dieser Zeit eine deutliche Gewichtsabnahme nicht ungewöhnlich.
Die Rolligkeit dauert ca. 3-7 Tage. Eine Katze wird normalerweise 2-3 Mal pro Jahr rollig, wenn sie nicht gedeckt wird, auch öfter. Die teilweise extremen Hormonschwankungen können zu einer lebensgefährlichen eitrigen Gebärmutterentzündung (Pyometra) führen. Diese kann nach einer Kastration nicht mehr auftreten. Zudem sind unkastrierte Katzen, wie auch die Hündinnen, für Krebserkrankungen, besonders in der Gesäugeleiste, anfällig.
Die Kastration der weiblichen Katze läuft ähnlich ab wie die der Hündin. Auch bei ihr werden die Eierstöcke operativ entfernt. Grundsätzlich empfehlen wir die Kastration vor der ersten Rolligkeit (d. h. mit etwa 6 Monaten). Auch gegen einen früheren Zeitpunkt der Kastration spricht in der Regel nichts, vorausgesetzt die Katze ist gesund und ausreichend entwickelt. Einige weitere wichtige Vorteile der Frühkastration sind auch bei der Katze erwähnenswert:
Positiver Einfluss auf das Temperament der Katzen, da sie weniger aggressiv und häufig menschenbezogener sind als unkastrierte Katzen, sowie die Verringerung des Risikos von ungewollten Angewohnheiten, welche mit der Geschlechtsreife auftreten können (markieren, herumstreunen, rufen, kämpfen). Weiterhin werden ungewollte/ungeplante Verpaarungen verhindert.
Bei weiteren Fragen in Bezug auf die Kastration Ihrer Hündin bzw. Ihrer Katze steht Ihnen unser Klinikteam sehr gerne jederzeit zur Verfügung.
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